Deutschland - Natürliche Bevölkerungsveränderung

Deutschland - Deutschland - Bevölkerungsstruktur und -dynamik
978-3-14-100800-5 | Seite 80 | Abb. 2| Maßstab 1 : 7000000

Überblick

Als natürliche Bevölkerungsveränderung bezeichnet man die Veränderung einer Gesellschaft im Hinblick auf die Bevölkerungszahl durch Geburten und Sterbefälle. Die Differenz aus der Zahl der Lebendgeburten und Sterbefälle eines Jahres führt in der Summe auf einer der beiden Seiten zu einem Überschuss, der als natürlicher Saldo bezeichnet wird. Wie auf der Karte zu sehen ist, gab es zwischen 2009 und 2011 einen positiven Bevölkerungssaldo lediglich in jenen Regionen, die auch eine deutlich überdurchschnittliche Geburtenrate aufwiesen. Doch diese Regionen sind in der Minderzahl, denn das Geburtenniveau in Deutschland gehört seit den frühen 1970er-Jahren zu den niedrigsten weltweit. Zwar gibt es in Europa auch andere Länder, die eine vergleichbar niedrigere Geburtenrate haben (zum Beispiel Italien), doch nicht über so einen langen Zeitraum wie Deutschland (über 40 Jahre).

Bevölkerungsrückgang seit 1964

Der Rückgang der Geburtenzahlen begann in den 1960er-Jahren. In dem außergewöhnlich geburtenstarken Jahrgang 1964 wurden noch rund 1,4 Mio. Kinder geboren. Doch schon wenig später machte sich ein starker Geburtenrückgang bemerkbar, vor allem in Westdeutschland. 1972 sank die Anzahl der Neugeborenen unter eine Million, womit die Anzahl der Geborenen niedriger war als die der Sterbefälle (Gestorbenenüberschuss). Ausgeprägt war diese Tendenz vor allem in der Bundesrepublik, während es in der DDR in den 1980er-Jahren noch vereinzelt Jahrgänge mit einem geringen Geburten-überschuss gab. Mit der Wiedervereinigung traten auch in den neuen Bundesländern flächendeckend – zum Teil erhebliche – Sterbefallüberschüsse ein. Hatte sich die Zahl der jährlichen Geburten in den 1980er-Jahren auf einem Niveau zwischen 800 000 und 900 000 eingependelt, gehen die Geburtenzahlen seit 1991 – unterbrochen lediglich von einzelnen Ausnahmejahren – relativ konstant zurück.

Räumliche Muster

2012 wurden in Deutschland 674 000 Kinder geboren, weniger als halb so viele wie 1964. Im gleichen Jahr wurden fast 870 000 Sterbefälle registriert.

Die räumlichen Muster der natürlichen Bevölkerungsveränderung belegen, dass die demographische Entwicklung wesentlich von sozialökonomischen Faktoren beeinflusst wird. Überdurchschnittliche Geburtenraten gibt es in Großstädten und in ihrem unmittelbaren Umland, die sich als wirtschaftliche Zentren durch gute Infrastruktur und ein breites Angebot an Arbeitsplätzen auszeichnen. Dies zieht vor allem junge Menschen an, die eine Familie gegründet haben bzw. gründen wollen. Häufig handelt es sich zudem um Regionen, in denen es einen relativ hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund gibt (vgl. 80.1), einer Bevölkerungsgruppe mit überdurchschnittlich hoher Geburtenrate.

Unter den ländlichen Gebieten mit hohen Geburtenraten (und teilweise positivem Bevölkerungssaldo) sticht eine Region hervor, die sich entlang der niederländischen Grenze von den Kreisen Cloppenburg/Vechta (vgl. 59.5) in Niedersachsen bis hinunter an den Niederrhein erstreckt und sich durch relativ niedrige Arbeitslosenquoten sowie eine teilweise hohe wirtschaftliche Leistungskraft auszeichnet. Besonders niedrige Geburtenraten gibt es dagegen in weiten Teilen Ostdeutschlands (vgl. 81.6), in den strukturschwachen Regionen Norddeutschlands, in altindustrialisierten Gebieten wie dem Saarland und in peripheren Räumen wie dem Grenzgebiet zu Tschechien.

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