Deutschland - Arbeitslosigkeit und Binnenwanderung

Deutschland - Deutschland - Wirtschaftsstruktur
978-3-14-100800-5 | Seite 71 | Abb. 3| Maßstab 1 : 7000000

Überblick

Von Arbeitslosigkeit und Binnenwanderung sind die deutschen Bundesländer in unterschiedlichem Maße betroffen, wobei es deutlich erkennbare Muster gibt. Am stärksten ausgeprägt ist das Problem der Arbeitslosigkeit in den ostdeutschen Raumordnungsregionen, die von 2010 bis 2012 eine deutlich höhere Quote verzeichneten als im Bundesdurchschnitt. Ähnlich ungünstige Werte wie in weiten Teilen Ostdeutschlands wurden im Westen nur in den strukturschwachen Regionen an Nord- und Ostsee, in Teilen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens registriert; die höchsten Quoten im Westen verzeichneten die Raumordnungsregionen Dortmund und Emscher-Lippe. Ein zweites Muster, das sich daraus ergibt, betrifft die Binnenwanderung, die sichtlich mit den Arbeitsmöglichkeiten korreliert. Von Ausnahmen abgesehen, gilt die Faustregel: Je höher die Arbeitslosigkeit, umso stärker die Abwanderung – und umgekehrt.

Arbeitslosenquoten im Vergleich

Wie stark die regionalen Disparitäten in Deutschland ausgeprägt sind, belegen die Werte von 2012. In Ostdeutschland lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote in diesem Jahr bei 11,9 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie in Westdeutschland (6,6 Prozent). Die größte Differenz zwischen den Bundesländern gab es zwischen Bayern (4,2 %) und Berlin (14,5 %). In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Bremen lag die Arbeitslosenquote jeweils über 10 Prozent; den schlechtesten Wert unter den westdeutschen Flächenstaaten erreichte Nordrhein-Westfalen mit einer Arbeitslosenquote von 8,9 Prozent. Die geringsten Arbeitslosenzahlen nach Bayern verzeichneten Baden-Württemberg (4,4 %), Rheinland-Pfalz (5,9 %) und Hessen (6,4 %).

Bei der Bewertung dieser Zahlen sind zwei Aspekte zu berücksichtigen. Zum einen gibt es erhebliche regionale Unterschiede nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch innerhalb der Länder. Überdies belegen die statistischen Daten, dass sich einige ostdeutsche Großstädte und ihr jeweiliges Umland positiv von der problematischen Arbeitsmarktsituation in Ostdeutschland abheben; so lag die Arbeitslosenquote in Potsdam im Juli 2014 bei 7,1 Prozent und in Leipzig bei 7,5 Prozent.

Motive für Binnenwanderungen

Besonders häufige Motive für den Wechsel des Wohnortes sind Ausbildung und Beruf. Wanderungsbestimmend ist auch die wirtschaftsstrukturelle Stärke oder Schwäche einer Region. So weisen strukturschwache Regionen meist hohe Wanderungsverluste auf, was eine negative selektive Wirkung auf die betroffene Regionen insofern hat, als gerade die jungen, qualifizierten und einkommensstarken Personen überdurchschnittlich stark an diesen Wanderungen beteiligt sind. Im Gegensatz dazu ziehen wirtschafts- und wachstumsstarke Regionen mit geringer Arbeitslosigkeit besonders viele Binnenwanderer an.

Ein wichtiger Aspekt ist die Distanz von Binnenwanderungen. Um vorhandene soziale Netzwerke zu erhalten, werden kleinräumige Binnenwanderungen oft bevorzugt (Beispiele: Bayern und Baden-Württemberg, Hamburg und Schleswig-Holstein, Berlin und Brandenburg). Entsprechend verringern sich mit zunehmender Entfernung oft auch die Wanderungsverflechtungen zwischen den Bundesländern; dies gilt aber nicht generell (Beispiele: Nordrhein-Westfalen und Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern).

Ein weiteres Wanderungsmotiv ergibt sich aus dem Trend zur Suburbanisierung. Die Verlegung des Wohnorts aus der Stadt in deren Umland äußert sich zum Beispiel in starken Binnenwanderungsgewinnen des Hamburger Umlands.

Regionale Strukturen

Für die einzelnen Regionen ist bei den Binnenwanderungen vor allem der Saldo aus den Zu- und Fortzügen bedeutsam. Hat eine Region Binnenwanderungsgewinne, dann realisiert sie einen Überschuss an Zuzügen. Ein solcher, eher positiv zu bewertender Trend zeigte sich im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2012 vor allem im Einzugsgebiet der Metropolregion Hamburg, in den Raumordnungsregionen Köln, Bonn, Rhein-Main, Südlicher Oberrhein, Hochrhein-Bodensee, München und Südostbayern sowie in Havelland-Fläming, Westsachsen und Oberes Elbtal. Demgegenüber wiesen vor allem die ostdeutschen Regionen Westmecklenburg, Mecklenburgische Seenplatte, Altmark, Dessau, Oberlausitz-Niederschlesien sowie Süd- und Ostthüringen weit überdurchschnittliche Wanderungsverluste auf. Auch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz finden sich Gebiete mit hohen Wanderungsverlusten.

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