Britische Inseln - Physische Karte

Europa - Britische Inseln - Physische Karte
978-3-14-100803-6 | Seite 124 | Abb. 1| Maßstab 1 : 4000000

Überblick

Siehe Anmerkungen zur Karte 86.1.

Belfast Segregation (125.2)

Die gewaltsame Phase des nordirischen Konflikts begann 1969 in Derry, dem früheren Londonderry, und wurde 1998 mit dem Karfreitagsabkommen in gegenseitigem Einvernehmen beendet. Die dem Konflikt zugrunde liegenden gesellschaftlichen Verwerfungen sind jedoch immer noch nicht gänzlich überwunden. Vordergründigging es bei den Auseinandersetzungen um die Benachteiligung der katholischen Minderheit durch die protestantische Mehrheit. Weil sich diese Mehrheit jedoch aus den Nachkommen britischer und schottischer Einwanderer rekrutierte, die im 16. und 17. Jahrhundert im katholischen Irland gewaltsam die politische und wirtschaftliche Macht übernommen und dabei die traditionellenGesellschaftsstrukturen zerschlagen hatten, waren die Kämpfe zwischen Protestanten und Katholiken, britischen Unionisten und irischen Nationalisten, historisch und weltanschaulich stark aufgeladen.

Räumliche Muster der Segregation

In der nordirischen Hauptstadt Belfast ist die räumliche Verteilung beider Gruppen durch eine starke Segregation gekennzeichnet. Vom Stadtzentrum ausgehend erstreckt sich ein breiter Bereich bis an die Stadtgrenze im Südwesten, in dessen Bezirken (Wards) fast ausschließlich Katholiken leben. Einen zweiten, räumlich nicht ganz so ausgedehnten Block bilden die Wards New Lodge, Water Works, Ardoyne und Teile von Cliftonville, Chichester Park und Cavehill im Nordwesten. Zwischen ihnen eingeschlossen ist ein schmaler Sektor, der sich vom Stadtzentrum in einem Bogen bis in die nordwestlichen Außenbezirke Highfield, Glencairn, Legoniel, Ballysillan usw. erstreckt, in dem, wie in weiten Teilen des östlichen Stadtgebiets, mehrheitlich Protestanten wohnen. Lediglich in den Wards im Süden des Zentrums, etwa in Windsor oder Stranmillis, leben die Angehörigen unterschiedlicher Konfessionen relativ gemischt.

An manchen Orten, besonders im Westen, hat die Stadtverwaltung die Wohngebiete beider Gruppen durch meterhohe „Peace Lines“ gegeneinander abgegrenzt. Bei diesen „Friedenslinien“ handelt es sich zum Teil um mobile, überwiegend aber um massive, fest montierte Absperranlagen. Ähnliche Barrieren gibt es auch in anderen irischen Städten.

Der Benachteiligungsindex NIMDM (Northern Ireland Multiple Deprivation Measure), der 43 Teilindizes aus den Bereichen Arbeit, Einkommen, Gesundheit, Bildung, Versorgung und Wohnen berücksichtigt, zeigt, dass der Grad der Benachteiligung in den einzelnen Wards sehr unterschiedlich ist. Dabei lassen sich räumliche Muster erkennen: Zum einen ist unverkennbar, dass nahezu alle rein katholischen Bezirken als „sehr benachteiligt“ eingestuft werden, dass sich also in Belfast eine sozioökonomische und eine konfessionelle Segregation überlagern. Zweitens lässt die Karte gut erkennen, dass in den „kaum“ oder „nicht benachteiligten“ Wards die Koexistenz der Konfessionen am weitesten fortgeschritten ist, auch wenn es vereinzelt nach wie vor klare Mehrheiten gibt. Ein drittes, etwas schwächeres Muster lässt erkennen, dass die protestantisch dominierten Wards, in denen britische Unionisten noch vor nicht langer Zeit klare Mehrheiten von weit über 90 Prozent stellten, sich tendenziell stärker für andere Bevölkerungsgruppen geöffnet haben als die katholisch dominierten Bezirke; das gilt insbesondere für die Wards im Südosten des Hafens, aber auch im Westen.

Ursachen und Perspektiven

Die Segregation hat in Belfast eine lange Tradition. Weil die Stadt im frühen 17. Jahrhundert als Siedlung loyaler protestantischer Unionisten in dem von katholischen Aufständen erschütterten Land gegründet worden war, gab es in Belfast zunächst gar keine Iren. Anfang des 19. Jahrhunderts stellten irische Katholiken eine Minderheit von weniger als 10 Prozent, erst im Zuge der Industrialisierung wuchs ihr Anteil bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf ein Drittel der Bevölkerung. Schon zu dieser Zeit gab es eine klare räumliche Trennung zwischen den Angehörigen beider Konfessionen, die bis heute anhält – nicht nur in Belfast, auch in anderen Städten und in weiten Teilen Nordirlands. So haben fast alle nordirischen Distrikte an der Küste bis heute eine überwiegend protestantische Bevölkerung, während die Mehrheitsverhältnisse im Hinterland oft genau umgekehrt sind. Erst in den letzten Jahren mehren sich die Anzeichen, dass die Grenzen zwischen den Konfessionen poröser werden. Zwischen 2001 und 2011 war der Anteil von Katholiken und Protestanten, die in Landkreisen leben, in denen Angehörige des eigenen Lagers mindestens 80 Prozent der Bevölkerung stellen, rückläufig, und zwar stärker, als zum Zeitpunkt des Karfreitagsabkommens denkbar gewesen wäre.

Ursächlich für diese Entspannungstendenzen sind zwei Entwicklungen. Zum einen ist die Tatsache zu nennen, dass die Zahl der Protestanten in Nordirland generell abnimmt – sie stellten 2013 erstmals seit langem wieder weniger als 50 Prozent der Einwohner Nordirlands –, und zum anderen, dass der Anteil der Immigranten steigt (insbesondere Menschen aus Osteuropa). Viele dieser Einwanderer sind katholisch, gleichzeitig sind sie von dem Konflikt in Nordirland ganz unbelastet. Dass sie heute bevorzugt in die – tendenziell schrumpfenden – protestantischen Viertel ziehen, trägt stark dazu bei, die Barrieren zwischen den Konfliktparteien abzutragen. Ein sichtbarer Ausdruck dieses Umbruchprozesses ist, dass es inzwischen in ganz Belfast keinen einzigen Stadtbezirk mehr gibt, in dem nicht mindestens eine Minderheit von nennenswerter Größe vertreten wäre, während es noch vor wenigen Jahren etliche Wards gab, die vollständig von Katholiken oder Protestanten dominiert wurden.

Cambridge Hightech-Cluster (125.3)

Die nordöstlich von London gelegene Universitätsstadt Cambridge bildet den Mittelpunkt des „Cambridge Cluster“ (auch „Silicon Fen“ genannt), das zudem die Städte Huntingdon, Wisbech, Ely, Newmarket, Bury St. Edmunds, Haverhill, Royston und Stansted umfasst und als eines der erfolgreichsten Hightech-Cluster in Europa gilt. In einem Radius von etwa 25 Kilometern rund um die Universität gibt es derzeit etwa 1600 Hightech-Firmen mit rund 58 000 Arbeitsplätzen. Prägend für die Struktur des Clusters sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die sich nach 1970 an diesem Standort angesiedelt haben.

Die Universität als Gründungsinstitution

Das Stadtbild von Cambridge wird von den 32 „Colleges“ der Universität bestimmt; Letztere stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert und zählt damit zu den ältesten in Europa. Überdies gibt es zahlreiche Forschungsinstitute, die mit der Universität verbunden sind, darunter das 1874 gegründete „Cavendish Laboratory“ (blaue Fläche am westlichen Kartenrand unterhalb der Madingley Road), an dem 28 Nobelpreisträger gewirkt haben.

Die Universität ist Gründungsinstitution und Mittelpunkt des „Cambridge Clusters“. Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden waren die Basis vieler Unternehmensgründungen; so wurden allein zwischen 2000 und 2010 über 300 Hightech-Firmen ins Leben gerufen, von denen sich mehrere zu Technologieführern in ihrem jeweiligen Industriefeld entwickelten. Zum einen werden Forschungsergebnisse und Erkenntnisse mit Beteiligung der Universität direkt in Unternehmen übertragen (Spin-out), zum anderen werden viele neue Firmen von ehemaligen Mitarbeitern anderer Hightech-Unternehmen oder Angehörigen der Universität begründet (Start-up).

Die fachliche Struktur des Clusters wird aber auch stark durch die fünf ansässigen Wissenschafts- und Forschungsparks geprägt. Während Cluster häufig Schwerpunkte in nur einem Bereich herausbilden, besitzt Cambridge mehre Technologieschwerpunkte. Schon seit den 1970er-Jahren gilt die Region als einer der angesehensten Standorte für Biotechnologie in Europa, doch unterdessen haben sich mit der Informations- und Nanotechnologie zwei zusätzliche Schwerpunkte herausgebildet. Dadurch kam es auch zur Ansiedlung weiterer Institute und Unternehmen aus den verwandten Bereichen der Gesundheits- und Lebenswissenschaften, der Kommunikationstechnologien sowie der Industrie-, Energie- und Werkstofftechnologien.

Die heutige Struktur von Cambridge

In Cambridge leben heute 122 000 Menschen, von denen weit mehr als 20 000 als Studenten an der Universität Cambridge und der Anglia Ruskin Universität (nordwestlich des Hauptbahnhofs) eingeschrieben sind. Darüber hinaus gibt es Tausende, die an der Universität oder einer ihrer Einrichtungen beschäftigt sind. Die stärkste Ballung von Hightech-Unternehmen gibt es heute im „Cambridge Science Park“ und in angrenzenden Technologiezentren wie dem „St. John’s Innovations Centre“ oder dem „Cambridge Business Park“. Im Rahmen örtlicher Entwicklungsmaßnahmen wurden einige größere Gebäudekomplexe zur Ansiedlung von Unternehmen errichtet, darunter St. Andrew’s House im südlichen Chesterton. Weitere Komplexe befinden sich an der East Road und im Gebiet um den Hauptbahnhof. Mittlerweile verfügt die Region über die meisten Technologieparks und -zentren in Großbritannien. 26 Prozent der Beschäftigten arbeiten in wissenschaftsintensiven Wirtschaftszweigen, im Landesdurchschnitt sind es nur 12 Prozent.

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