Bochum - Strukturwandel - 1956

Deutschland - Ballungsraum Rhein-Ruhr - Strukturwandel
978-3-14-100803-6 | Seite 41 | Abb. 3| Maßstab 1 : 75000

Überblick

An kaum einer anderen Stadt lässt sich der wirtschaftliche Strukturwandel, dem sich das Ruhrgebiet zu stellen hatte, so signifikant nachweisen wie am Beispiel Bochums. Noch 1958, zu Beginn der Kohlekrise, gab es hier 17 Zechen (davon acht im Kartenausschnitt) mit einer Gesamtbelegschaft von mehr als 40 000 Beschäftigten. 1973, also nur 15 Jahre später, schloss mit der Zeche Hannover der letzte Bergbaubetrieb im ursprünglichen Stadtgebiet. Die Zeche Holland im 1975 eingemeindeten Wattescheid wurde
als letzte Anlage auf dem heutigen Stadtgebiet 1974 stillgelegt. Heute erinnern nur noch Industriebrachen und -denkmäler wie der Malakowturm (Zeche Hannover) und bergbauliche Institutionen (Bergbaumuseum, Bundesknappschaft, Krankenhaus Bergmannsheil, Sitz der IG Bergbau und Energie) an die Zeit des Bergbaus in Bochum.

Stadt im Wandel

Den beginnenden Umbruch in der Stadt markiert das Jahr 1961: Am 18. Juli 1961 wurde die Ruhr-Universität gegründet, noch im gleichen Jahr begann der Aufbau der Bochumer Opelwerke auf den Geländen der Zechen Dannenbaum und Bruchstraße. Im Kartenbild ist der allgemeine raumstrukturelle Wandel zu erkennen:

• die Erweiterung der Siedlungsfläche und

• die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur.

Der Strukturwandel ist auch an der Entwicklung der Beschäftigtenzahlen abzulesen. Inzwischen hat der tertiäre Sektor mit knapp 100 000 Beschäftigten im Jahre 2014 den sekundären Sektor weit überholt – eine für die Ruhrgebietsstädte typische Entwicklung.

Schwieriges Erbe des Bergbaus

Die Stilllegung der Bergbaubetriebsflächen warf die Frage ihrer weiteren Nutzung auf. Die Bergbaubrachen im Ruhrgebiet waren in der Regel zentral gelegen und verfügten über eine gute Verkehrsanbindung. Einer sinnvollen Folgenutzung stellten sich aber enorme Schwierigkeiten rechtlicher, wirtschaftlich-finanzieller, technischer und ökologischer Art entgegen:

Dienstleistung und Forschung

Für Bochum erschien der Bau der Opelwerke auf ehemaligen Zechengeländen zunächst als Glücksfall. Ansiedlungen in ähnlicher Größenordnung sind bis heute extrem selten. Mit dem Automobilbau war nun eine bis dahin „ruhrgebietsfremde“ Industrie mit guten Zukunftsaussichten in Bochum vertreten. Wie die Schließung der Opelwerke 2014 zeigte, begab sich die Stadt aber mit diesem Großstandort auch in eine neue Form der Abhängigkeit. Als Nachnutzung der sehr gut an das Verkehrsnetz angebundenen ehemaligen Opel-Standorte deutet sich eine Umwandlung in Logistikstandorte an. Bochum bietet mit seiner zentralen Lage innerhalb Deutschlands dafür beste Voraussetzungen.

Inzwischen glaubt man im Ruhrgebiet, den notwendigen Strukturwandel eher mit kleinen und mittleren Betrieben zu schaffen, die durch ihre Branchenvielfalt weniger krisenanfällig sind und auf weltwirtschaftliche Veränderungen flexibler reagieren können. Beispiele auf der Karte sind die beiden Innovationszentren in unmittelbarer Nachbarschaft der Ruhr-Universität im Stadtteil Querenburg: das Technologiezentrum Ruhr (TZR), das schwerpunktmäßig mit Unternehmen der Medizintechnik besetzt ist, und das Technologiequartier. Beide suchen die räumliche und personelle Nähe zur Hochschule, rekrutieren sie doch aus deren Potenzial ihre qualifizierten Mitarbeiter und setzen deren Forschungsergebnisse direkt in innovative Produkte um. An der Ruhr-Universität, der ältesten im Ruhrgebiet, sind gegenwärtig mehr als 43 000 Studierende eingeschrieben, mit deutlichen Schwerpunkten in den Fachbereichen Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften.

Neue Beschäftigung ist in Bereichen des tertiären Sektors entstanden. Zu nennen wären beispielsweise der Einzelhandel mit dem verkehrsgünstig gelegenen Einkaufszentrum Ruhrpark und die Freizeitwirtschaft (Medi Therme, RevierPower-Stadion). Zentren der Kultur sind zum Beispiel das Bochumer Schauspielhaus oder die eigens für das Starlight-Express-Musical errichtete Halle

Trotz zahlreicher gelungener Erneuerungen konnte bisher nur ein Teil der Industriebrachen einer Folgenutzung zugeführt werden. Trotz der geglückten Neuansiedlungen von Industrie, Gewerbe, Handel sowie von Einrichtungen der Kultur- und Freizeitwirtschaft konnte bislang nur ein Teil der durch den Strukturwandel verlorenen Arbeitsplätze ersetzt werden. Sichtbarer Ausdruck dieses Umstands sind die zurückgehenden Einwohnerzahlen in Bochum und vielen anderen Städten des Ruhrgebiets, und eine über dem Bundesdurchschnitt liegende Arbeitslosenquote.

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