Bitterfeld-Wolfen - Landschaftswandel - 1990

Sachsen-Anhalt - Bitterfeld-Wolfen - Räume im Wandel
978-3-14-100384-0 | Seite 27 | Abb. 1

1990

Nach Kriegsende wurden die Betriebe 1946 in Sowjetische Aktiengesellschaften überführt und die Film- und Faserproduktion zunächst fortgesetzt. Am 31. Dezember 1953 wurden die Betriebe als VEB (Volkseigene Betriebe) Film- und Chemiefaserwerk Agfa Wolfen an die DDR übergeben. Das Elektrochemische Kombinat Bitterfeld wurde 1969 zum Chemiekombinat Bitterfeld. Zusätzlich existierten der VEB Industrie- und Kraftwerksrohrleitungsbau Bitterfeld und das Braunkohlenkombinat Bitterfeld. In Wolfen gab es daneben das Film- und Chemiefaserwerk Agfa Wolfen. Dies waren alles bedeutende Betriebe in der DDR.

Braunkohlentagebau

Bis 1990 war die Flächennutzung für den Tagebau auf über 18,9 Prozent der Gesamtfläche der Region angestiegen (siehe 27.3 „Den Wandel von Räumen mit Diagrammen untersuchen“). Allerdings gab es im Westen von Bitterfeld nur noch die Grube Köckern. Sämtliche Gruben von 1935 waren ausgebeutet und wurden von der DDR entweder geflutet, bebaut oder bewaldet. Stattdessen hat sich der Tagebau in den Osten und Südosten von Bitterfeld verlagert. Hier wurde nicht mehr in einzelnen Gruben, sondern großflächig Braunkohle gefördert, vor allem im Tagebau Goitzsche. Bitterfeld gehört zu den wichtigsten Zentren des Volksaufstands gegen die SED-Diktatur. 1953 demonstrierten auf den zentralen Plätzen von Bitterfeld fast 50 000 Menschen. Demonstranten besetzten die Gebäude der SED-Kreisleitung und gaben die Namen von Spitzeln bekannt. Am 11. Juli 1968 explodierte im Chemiekombinat die PVC-Halle und tötete dabei 42 Arbeiter. Insgesamt 200 Menschen mussten ärztlich versorgt werden. Weite Teile des Werks waren zerstört. Die Betriebs- und Parteigremien sorgten dafür, dass dieses Ereignis nicht an die Öffentlichkeit gelangte. Produziert wurde meistens an der Grenze der Kapazitäten. Bitterfeld und Wolfen wurden zu einem Symbol für die veraltete Wirtschaft und für Umweltverschmutzung in der DDR. Modernisierungen der Anlagen gab es nicht. Die Verschmutzung der Umwelt, die bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen hatte, setzte sich fort. Die Anreicherung von Giften aus vielen Jahren, vor allem auch aus dem Weltkrieg, hatte beträchtliche Umweltschäden an der ganzen Region zur Folge. In jenen Jahren trug die Stadt auch den wenig schmeichelhaften Titel der „dreckigsten Stadt Europas“. 1988 wies die ARD in einem Bericht auf die Umweltverschmutzungen hin. Besonders die Silbersee stand in ihrem Fokus, da die ORWO-Filmfabrik dort jahrelang diverse Abfälle verschwinden ließ.

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