
Informationen
Im Kartenbild fällt zunächst der "Wilhelminische Ring" (vgl. Kommentar zu 34.1) durch seine hohe Bevölkerungsdichte auf. Innerhalb dieses Rings bilden nur Parks wie der Tiergarten Ausnahmen, außerdem weisen Bereiche mit ausgeprägten City-Funktionen (35.4) geringere Bevölkerungsdichten als die umgebenden Gebiete auf. Begrenzt wird der Wilhelminische Ring ungefähr durch die 2002 neu eröffnete Ring-S-Bahn.
Wirtschaft und Industrie
Außerhalb dieses Rings fallen lang gezogene Entwicklungsachsen auf, die Eisenbahn- bzw. S-Bahn-Linien sowie Kanälen folgen und bis ins Brandenburger Umland reichen. An diesen Achsen befinden sich nicht nur ausgedehnte, zum Teil vorstädtisch anmutende Wohngebiete, sondern auch die wichtigsten Industriestandorte Berlins (Ausnahme: Chemiestandort von Schering im Wedding). Die wichtigsten dieser Achsen sind (in Klammern die traditionellen bzw. aktuellen Branchenschwerpunkte):
nach Norden: Reinickendorf — Henningsdorf (Maschinenbau, Elektrotechnik, Schienenfahrzeugbau, Dienstleistungen),
nach Westen: Charlottenburg-Nord — Spandau — Falkensee (Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektrotechnik, Papier und Bürobedarf, Bekleidung),
nach Südwesten: Zehlendorf — Wannsee — Potsdam (Villenviertel, Hochschulstandort) und Steglitz — Lichterfelde — Teltow (Maschinenbau, Chemische Industrie, Feinmechanik, Elektrotechnik, Forschungsstandort),
nach Süden: Tempelhof/Steglitz — Marienfelde (Maschinenbau, Nahrungsmittel),
nach Südosten: Neukölln/Treptow — Köpenick — Wildau (Elektrotechnik, Hightech, Chemie, Forschungsstandort)
nach Osten: Lichtenberg — Dahlwitz-Hoppegarten (Wohngebiete, Hightech) und Lichtenberg — Hohenschönhausen/Marzahn (Maschinenbau, Elektrotechnik),
nach Nordosten: Pankow — Buch — Bernau (Dienstleistungen, Biotechnologie, Forschungszentrum).
Neben den beschriebenen Achsen sind auch die Gebiete am S-Bahn-Ring und der Stadtautobahn im Westteil bevorzugte Industriestandorte, deren Tradition zum Teil bis in die Phase der Industrialisierung im 19. Jahrhundert zurückreicht (z. B. Wedding, Moabit, Charlottenburg-Nord; s. o.).
Die im Brandenburger Umland befindlichen Gewerbestandorte haben hingegen nur zum Teil eine längere Industrietradition (Hennigsdorf, Teltow), an die heute angeknüpft wird. Dahlwitz-Hoppegarten dagegen, unmittelbar am Stadtrand gelegen, ist eine Gründung der Nachwendezeit, die von der Nähe zu Berlin profitiert.
Die Dienstleistungsstandorte (Regierung, Verwaltung, Hochschulen, Verbände, Medien) konzentrieren sich im Innenstadtbereich (35.4). Verkehrsgünstig am Rand der Innenstadt liegt der bedeutende Messestandort in Charlottenburg. Durch Projekte wie den Wissenschaftsstandort Adlershof (mit Instituten der Humboldt-Universität, diversen Forschungseinrichtungen und zahlreichen Unternehmensstandorten) werden der wirtschaftlichen Entwicklung erfolgreich neue Impulse gegeben.
Herausforderungen der Gegenwart
In der Wirtschaft hat Berlin seit 1990 durch den Niedergang der Industrie im Osten, den Wegfall der umfangreichen Subventionen im Westen ("Berlinförderung") und durch den "Berliner Bankenskandal" Ende der 1990er-Jahre mit so erheblichen Problemen zu kämpfen, dass der Senat 2002 eine "extreme Haushaltsnotlage" feststellen musste.
Im sekundären Sektor hat sich eine starke Deindustrialisierung vollzogen, die vor allem die reinen Produktionsstätten ("verlängerte Werkbänke") im Westen und die nicht wettbewerbsfähigen Betriebe im Osten betraf, auch in traditionell starken Branchen wie dem Maschinenbau und der Elektroindustrie. Sie wird durch die Zahl der Standortsymbole in der Karte verschleiert und sollte daher im Unterricht durch einige statistische Angaben aufgezeigt werden: Die Zahl der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe sank z. B. von rund 342 000 (1991) auf rund 146 000 (2005).
Größter Standortvorteil ist heute die besondere Stärke in den Bereichen Forschung und Entwicklung: drei Universitäten, 15 Hochschulen, über 220 Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie Innovations- und Gründerzentren erleichtern den Wissenstransfer. Hinzu kommen die hohe Attraktivität als Ziel des Städtetourismus und die Vielzahl kultureller Einrichtungen. Neue Arbeitsplätze im tertiären Sektor sind deshalb zwar zum Teil entstanden — unter anderem in Folge des Regierungsumzugs, im boomenden Tourismus und im Kultur- und Medienbereich —, aber nicht in einem Umfang, mit dem der Rückgang im sekundären Sektor hätte kompensiert werden können (1991: 1 191 000 Beschäftigte; 2005: 1 315 000). Weiterhin sind die finanziellen Schwierigkeiten der Hauptstadt gravierend: Ende 2005 war Berlin mit über 57 Mrd. Euro verschuldet, 2006 beliefen sich allein die Zinszahlungen auf 2,4 Mrd. Euro.
Kernstück des Flächennutzungsplans für ganz Berlin von 1994 war ein räumliches Strukturkonzept, das vor allem die Folgen der Teilung aufheben sollte. Zu diesem Zweck wurden Flächen für Parlaments- und Regierungsviertel im Spreebogen und Berlin-Mitte, Sanierungsgebiete in Altbauvierteln besonders im Ostteil der Stadt und moderne Wissenschafts- und Wirtschaftszentren ausgewiesen, außerdem wurden die planerischen Grundlagen für den Wiederaufbau, die Sanierung und den Ausbau des Verkehrssystems gelegt (darunter der Flughafen Berlin-Brandenburg International in Schönefeld, der bis 2011 zu einem Großflughafen ausgebaut wird und der Berliner Hauptbahnhof auf dem Geländes des alten Lehrter Stadtbahnhofs, der 2006 nach zehnjähriger Bauzeit als größter Kreuzungsbahnhof Europas eröffnet wurde). Eine zentrale Forderung des überarbeiteten Flächennutzungsplans von 2004 ist der Erhalt und Ausbau aller städtischen Zentren, die sich unter dem Stichwort der polyzentrischen Siedlungsstruktur zu integrierten Standorten für Dienstleistungen, Einzelhandel, Kultur und Freizeit entwickeln sollen.
M. Felsch
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