Bangladesch - physisch

Asien - Eurasien - Topographie
978-3-14-100770-1 | Seite 139 | Abb. 2| Maßstab 1 : 4000000

Informationen

Das dicht besiedelte Bangladesch ist Teil des indischen Subkontinents und wird fast völlig von Indien umschlossen. Das Staatsgebiet besteht zum großen Teil aus von Hochwasser gefährdeten Gebieten im Mündungsgebiet von Ganges (Padma) und Brahmaputra (Jamuna), die ein weitverzweigtes Delta aufgeschüttet haben. Durch Verlegungen der Flussläufe ändert die nur wenige Meter über dem Meeresspiegel gelegene amphibische Landschaft ständig ihr Aussehen. In der Hochwasserzone der schlickreichen Seichtwasserküste wächst ein "Gezeitenwald" aus Mangroven in das Meer hinein. Dieser Wald liefert der einheimischen Bevölkerung das Brennmaterial.
Starke Niederschläge in der Monsunzeit und das Hochwasser der Flüsse während der Schneeschmelze im Himalaya verursachen Jahr für Jahr Überflutungen der Siedlungen und der landwirtschaftlich genutzten Gebiete. Wenn zusätzlich tropische Wirbelstürme vom Golf von Bengalen aus auf die Küste treffen, kommt es häufig zu verheerenden Überschwemmungskatastrophen mit meterhohen Flut-wellen an der Küste. Auch Großstädte wie Kalkutta (11,5 Mio. Einwohner), Dhaka (9,5 Mio. Einwohner) und Chittagong (3 Mio. Einwohner) sind von diesen Flutkatastrophen betroffen. Die niederschlagsreichsten Gebiete befinden sich um Silhat (Sylhet), in den Chittagong Hills und an den Hängen des Khasigebirges. Dort liegt auch Cherrapunji, mit mehr als 11 000 mm Niederschlag im Jahresmittel der regenreichste Ort der Erde. Ursächlich für die starken Niederschläge in allen genannten Gebirgen ist die Stauwirkung der Höhenzüge.

Die Hochwasser und vom Menschen ausgelöste Ursachen
Bereits die jährlichen Hochwasser, mit Höchststand im August (Sommermonsun), überschwemmen fast die Hälfte des Landes. Sie können zur Katastrophe werden, wenn bei maximalen Abflussmengen ungewöhnlich starke Hochwasserwellen auftreten. Die Abflussmenge des Brahmaputra beträgt im August bereits durchschnittlich ca. 44 000 m³/s. Das Küsten- und Deltagebiet im Süden wird dagegen eher von Sturmfluten des Meeres gefährdet, die durch tropische Wirbelstürme hervorgerufen werden. Der Rückstau des in das Delta drängenden Wassers bewirkt dann erhebliche Überflutungen bis weit ins Landesinnere.
Die Überschwemmungen werden verstärkt durch den Holzeinschlag im Mangrovenwald und im Khasigebirge. Die Ausweitung der landwirtschaftlichen Anbauflächen durch Brandrodung führt zu Kahlschlägen an ganzen Bergflanken. Die Regenmassen der Sommermonate spülen dort den Boden ab. Früher versickerten sie allmählich im Waldboden, und das schützende Blätterdach verminderte den Aufprall. Der Boden speicherte die Feuchtigkeit und gab sie in trockeneren Monaten ab. Heute lagert sich der abgespülte Boden als Sediment in den Flussarmen des Deltas ab. Die Schlammfracht erhöht die Flusssohle und die Ufer. Bei den großen Abflussmengen nutzen Dämme daher nur wenig, gewaltige Überschwemmungen sind die Folge. Nach den Flutkatastrophen 1987 und 1988 entwickelten Regierung und Weltbank gemeinsam einen Flutaktionsplan (FAP). Danach sollen bis 2015 gefährdete Gebiete vor Überschwemmungen geschützt werden. Da aber die Fluten unterschiedlichen Typs auftreten und einzelne Regionen unterschiedlich stark betroffen sind, regt sich in der Bevölkerung Widerstand.
Ungeachtet all dieser Schwierigkeiten zeitigen die Maßnahmen der Regierung bereits erste positive Wirkungen. Dass nach dem schweren tropischen Zyklon "Sidr", der im November 2007 über Bangladesch fegte und dabei mehr als 750 000 Häuser beschädigte, weniger als 2500 Todesopfer zu beklagen waren, war vor allem dem neuen Frühwarnsystem zu verdanken, das nach Einschätzung der Vereinten Nationen unzählige Menschenleben gerettet hat.
D. Sayak, E. Astor

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