Bangladesch - Überschwemmungen

Asien - Südasien - Vielfalt der Raumstrukturen
978-3-14-100800-5 | Seite 183 | Abb. 7| Maßstab 1 : 6000000

Überblick

Bangladesch ist Teil des indischen Subkontinents. Mit einer Fläche von 147 600 Quadratkilometern ist das Land weniger als halb so groß wie Deutschland. Es wird fast völlig von Indien umschlossen; im Südosten grenzt es an Myanmar (Birma). Das Staatsgebiet besteht zum großen Teil aus von Hochwasser gefährdeten Gebieten im Mündungsgebiet von Ganges (Padma) und Brahmaputra (Jamuna). Diese haben ein weitverzweigtes Delta aufgeschüttet, eine amphibische Landschaft, die nur wenige Meter über dem Meeresspiegel liegt. Durch Verlagerungen der Mündungsarme ändert sie ständig ihr Aussehen. In der Hochwasserzone der schlickreichen Seichtwasserküste wächst ein „Gezeitenwald“ aus Mangroven in das Meer hinein. Dieser Wald liefert der einheimischen Bevölkerung das Brennmaterial.

Starke Niederschläge in der Monsunzeit und das Hochwasser der Flüsse während der Schneeschmelze im Himalaya verursachen Jahr für Jahr Überflutungen der Siedlungen und der landwirtschaftlich genutzten Gebiete. Wenn zusätzlich tropische Wirbelstürme vom Golf von Bengalen aus auf die Küste treffen, kommt es häufig zu verheerenden Überschwemmungskatastrophen mit meterhohen Flutwellen an der Küste. Auch Agglomerationen wie Kalkutta mit 14,1 Mio. Einwohnern, Dhaka mit 14,4 Mio. Einwohnern und Chittagong mit 3,6 Mio. Einwohnern sind von diesen Flutkatastrophen betroffen (Stand: jeweils 2011).

Land und Klima

Mit 158 Mio. Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von 1070 Einwohnern pro Quadratkilometer gehört Bangladesch zu den am dichtesten bevölkerten Staaten der Erde. Eine Trendwende ist nicht abzusehen; das jährliche Bevölkerungswachstum lag im Zeitraum zwischen 1990 und 2012 bei 1,7 Prozent pro Jahr. Zugleich zählt das Land zu den armen Entwicklungsländern. Rund ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, die Analphabetenrate liegt bei 60 Prozent, die Arbeitslosenquote bei 40 Prozent. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten ist in der Landwirtschaft tätig.

Die Klimagunst der Randtropen lässt in Bangladesch eine üppige immergrüne Vegetation gedeihen. Charakteristisch für die Region ist ein Monsunklima mit hohen Niederschlägen während der Monate Mai bis September und gleichmäßig hohen Temperaturen zwischen 24 und 26 Grad Celsius im Jahresmittel. Die niederschlagsreichsten Gebiete befinden sich um Silhat (Sylhet), in den Chittagong Hills und an den Hängen des Khasigebirges; dort liegt auch Cherrapunji, mit mehr als 11 000 Millimetern Niederschlag im Jahresmittel der regenreichste Ort der Erde. Ursächlich für die starken Niederschläge in allen genannten Gebirgen ist die Stauwirkung der Höhenzüge. Die Zeit von Dezember bis Februar ist die Trockenperiode, in der zum Teil Bewässerungsfeldbau betrieben wird.

Die Hochwasser und ihre anthropogenen Ursachen

Bereits die jährlichen Hochwasser mit Höchststand im August, in der Phase des Sommermonsuns, überschwemmen fast die Hälfte des Landes. Sie können zur Katastrophe werden, wenn bei maximalen Abflussmengen ungewöhnlich starke Hochwasserwellen auftreten. Die Abflussmenge des Brahmaputra beträgt im August bereits durchschnittlich etwa 44 000 Kubikmeter pro Sekunde, also das 25-fache derjenigen Wassermenge, die im Rhein bei Köln gemessen wird. Das Küsten- und Deltagebiet im Süden wird dagegen eher von Sturmfluten des Meeres gefährdet, die durch tropische Wirbelstürme hervorgerufen werden. Der Rückstau des ins Delta drängenden Wassers bewirkt dann erhebliche Überflutungen bis ins Landesinnere.

Die Überschwemmungen werden verstärkt durch den Holzeinschlag im Mangrovenwald und im Khasigebirge. Die Ausweitung der landwirtschaftlichen Anbauflächen durch Brandrodung hat an ganzen Bergflanken zu Kahlschlägen geführt. Die Regenmassen der Sommermonate spülen dort den Boden ab. Früher versickerten sie allmählich im Waldboden, und das schützende Blätterdach verminderte den Aufprall. Der Boden speicherte die Feuchtigkeit und gab sie in trockeneren Monaten ab. Heute lagert sich der abgespülte Boden als Sediment in den Flussarmen des Deltas ab. Die Schlammfracht erhöht die Flusssohle und die Ufer. Bei den großen Abflussmengen nützen Dämme daher nur wenig; gewaltige Überschwemmungen sind die Folge.

Nach den Flutkatastrophen 1987 und 1988 entwickelten Regierung und Weltbank gemeinsam einen Flutaktionsplan (FAP). Danach sollten bis 2015 gefährdete Gebiete vor Überschwemmungen geschützt werden. Da aber Fluten unterschiedlichen Typs auftreten und einzelne Regionen unterschiedlich stark betroffen sind, regt sich in der Bevölkerung Widerstand, denn eine gut durchdachte Schutzmaßnahme für einen Fluttyp kann nutzlos oder sogar gefährlich für einen anderen Typ und eine andere Region sein.

Ungeachtet dieser Schwierigkeiten zeitigen die Maßnahmen der Regierung bereits erste positive Wirkungen. Dass nach dem schweren tropischen Zyklon „Sidr“, der im November 2007 über Bangladesch fegte und dabei mehr als 750 000 Häuser beschädigte, weniger als 2500 Todesopfer zu beklagen waren, war vor allem dem neuen Frühwarnsystem zu verdanken, das nach Einschätzung der Vereinten Nationen unzählige Menschenleben gerettet hat.

Trotz der Überschwemmungen hat Bangladesch eine überaus dichte ländliche Besiedlung. Der Anteil der städtischen Bevölkerung lag im Jahre 2013 lediglich bei 29 Prozent.

Schlagworte