Bali - Tourismus

Asien - Singapur, Indonesien - Global orientiertes Wachstum
978-3-14-100800-5 | Seite 193 | Abb. 5| Maßstab 1 : 1000000

Überblick

Das zu Indonesien gehörende Bali hat eine Fläche von 5693 Quadratkilometern und 4,2 Mio. Einwohner (2014). Damit hat die Insel eine etwas größere Bevölkerung als Rheinland-Pfalz (4,0 Mio.), allerdings auf weniger als einem Drittel der Fläche. Bali liegt acht Grad südlich des Äquators und damit in der wechselfeuchten, monsunal-tropischen Klimazone. Der Gunung Agung, mit 3031 Metern der höchste Vulkan, ist noch immer aktiv. Zwei weitere Vulkane, deren Spitzen in vorgeschichtlicher Zeit abgesprengt wurden, sind heute mit ihren Calderen und Kraterseen touristische Anziehungspunkte.

Relief, Niederschläge und Landwirtschaft

Die Verteilung der Niederschläge auf Bali wird wesentlich durch das Relief bestimmt. Eine Vulkankette, die die Insel entlang einer Ost-West-Achse durchzieht, wirkt als Klimascheide und hat dadurch die agrarische Landnutzung und Bevölkerungsverteilung wesentlich mitgeprägt. Der schmale, lediglich ein bis zwei Kilometer breite Küstenstreifen im Norden Balis hat nur vergleichsweise geringe Niederschläge von rund 1200 Millimetern pro Jahr. Die südlich der Gebirgskämme liegende Inselhälfte fällt über eine Distanz von etwa 30 Kilometern von über 3000 Meter Höhe bis auf Meeresniveau ab und bildet bei Denpasar eine relativ große Küstenebene. Das Relief bietet daher vor allem im Süden günstige Voraussetzungen für Siedlungen und für die Landwirtschaft. Aufgrund der Steigungsregen nehmen die Niederschläge von etwa 1500 Millimetern an der Küste bis auf etwa 3500 Millimeter im Inneren der Insel kontinuierlich zu.

Wegen der jahreszeitlichen Verlagerung der Innertropischen Konvergenzzone fallen die meisten Niederschläge auf Bali von Dezember bis Februar; die Trockenzeit dauert von April bis Oktober. Dieses wechselfeuchte Klima – in Verbindung mit den fruchtbaren, aus vulkanischen Aschen und Laharen (Schlammströme) entstandenen Böden – bietet ideale Voraussetzungen für den Anbau von Reis. Die zahlreichen, von der Vulkankette in Richtung Süden verlaufenden Flüsse speisen ein hoch entwickeltes Bewässerungssystem, auf Bali als „Subak“ bezeichnet, mit dessen Hilfe der Reis auf eindrucksvollen Terrassen angebaut wird. Reis ist auf Bali traditionell das Hauptnahrungsmittel und damit auch wichtigstes Anbauprodukt.

Die Nassreislandschaft im Südosten ist der am dichtesten besiedelte Agrarraum mit Bevölkerungsdichten von bis zu 1000 Einwohnern pro Quadratkilometer (der Durchschnitt liegt auf Bali bei etwa 750 E./km2). Dieser Teil der Insel ist zugleich die Kernzone der balinesischen Kultur, in der viele hinduistische Tempel liegen. Die zahlreichen, von Obsthainen umgebenen dörflichen Siedlungen liegen auf den oft schmalen Geländerücken zwischen den in nord-südlicher Richtung verlaufenden Flusstälern. Die Täler geben auch den Verlauf der Verkehrswege weitgehend vor. Ost-West-Verbindungen sind auf der Insel kaum zu finden, mit Ausnahme der küstennahen, inselumrundenden Hauptstraße. Die traditionellen Nassreisflächen stehen heute oft in Konkurrenz zu Tourismusstandorten und werden vielerorts umgewidmet (s. u.).

An der trockeneren Südwestabdachung der Gebirgskette sind die Steigungsregen geringer als im Südosten; hier dominiert der Trockenfeldbau. Es werden Handelskulturen wie Kaffee, aber auch Kakao, Chili, Gewürznelken, Muskatnuss oder Vanille auf größeren Pflanzungen, vornehmlich aber in Mischkultur mit Obstsorten wie Bananen, Papaya, Mangos und Kokosnuss angebaut. Das Inselinnere ist teilweise noch mit Wald bedeckt; im Westen nimmt der Westbali-Nationalpark einen großen Teil der oberen Höhenstufen ein.

Im Osten werden heute die Asche- und Lavaflächen des Agung, dessen letzter Ausbruch auf das Jahr 1963 datiert, aufgeforstet. Zu den wichtigsten Kulturen des Bewässerungsfeldbaus in Ostbali zählen Mais, Erdnüsse, Chili und vor allem Cashewnüsse. Die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse an der Nordküste sind Tabak, Soja, Orangen und Mangos. Die einzigen nennenswerten Industrien auf Bali sind die Textilindustrie und das Kunsthandwerk.

Die touristische Erschließung Balis

Die einstmals dünn besiedelte Küstenzone im Süden wurde ab den 1970er-Jahren vom Massentourismus stark überformt. Hier entstanden auf kleinem Raum unter anderem die weitgehend ungeplanten Tourismuszentren Kuta und Sanur sowie die Retortensiedlung Nusa Dua. Heute ist das Gebiet rund um die 640 000 Einwohnern zählende Hauptstadt Denpasar die am stärksten urbanisierte Region auf Bali. Der Ngurah Rai Airport – in den letzten Jahren für eine Kapazität von 25 Mio. Passagieren ausgebaut – ist der drittgrößte Flughafen Indonesiens nach Jakarta und Surabaya. 2011 wurden hier fast 12,8 Mio. Fluggäste gezählt, mehr als viermal so viele wie 1990. Die verheerenden Anschläge radikal-islamischer Terroristen auf balinesische Touristenzentren 2002 und 2005 – bei denen fast 250 Menschen ihr Leben verloren – haben diese Entwicklung gedämpft, aber nicht nachhaltig verhindert. Entsprechend rasant gestiegen ist die Anzahl der Hotelzimmer auf Bali; nach Angaben der Bali Tourism Agency sollen es heute annähernd 90 000 sein.

Auch wenn der Tourismus im Norden rund um den Badeort Lovina zunimmt, liegen die mit Abstand meisten Ferienunterkünfte im Süden der Insel. Eine jüngere touristische Wachstumszone ist an der Ostküste rund um Amed entstanden, wo die unter anderem überwiegend noch intakten Korallenriffe als Besuchermagneten wirken (Tauchtourismus). An der Südküste wurden die einstigen Mangrovenwälder fast vollständig vernichtet; nur auf der Halbinsel Bukit sind sie relikthaft erhalten. Da auch die Korallenriffe rund um Bali stark degradiert, zum Teil zerstört sind, haben sie ihre Schutzfunktion für die Küste verloren. Um die Abrasion zu mindern und die letzten intakten Sandstrände zu erhalten – nicht wenige fielen dem Sandbedarf der boomenden Bauwirtschaft zum Opfer – wurden mancherorts wie vor Sanur künstliche Wellenbrecher errichtet.

Die meisten Touristen zieht es in die Küstengebiete, während in den Kernräumen der balinesischen Kultur im Inneren der Insel der Tagestourismus überwiegt. Zu den bedeutenderen Zielen mit einer größeren Zahl von Beherbergungsbetrieben zählt hier das „Künstlerdorf“ Ubud. In den letzten Jahren haben sich auch die Kraterseen im Norden zu touristischen Zentren mit Luxushotels und Golfplätzen entwickelt, auf dem Bratan-See werden Bootsfahrten angeboten.

Eine jüngere Entwicklung ist die Zunahme des Kreuzfahrttourismus. Balis ist ein wichtiges Ziel in Südostasien (s. 273.1).

Probleme des Massentourismus

Der Massentourismus verschafft vielen Menschen Arbeit und ist auf Bali der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig. Er führt aber auch zu enormen Umweltproblemen, etwa im Hinblick auf die Trinkwasserversorgung, die Abfall- und Abwasserbeseitigung, die Verkehrsbelastung und die Zersiedlung durch Tourismus-Resorts und illegal erbaute Luxusvillen.

Zu einem massiven Problem hat sich vor allem die Wasserversorgung entwickelt. Um den steigenden Bedarf zu decken, wurden die Wasserreserven jahrzehntelang übernutzt, um Vier- und Fünfsternehotels, Villen und Ferienanlagen mit Unmengen an Luxus-Spas, Swimmingpools und Golfanlagen mit Trinkwasser zu versorgen. Inzwischen sind die Auswirkungen auf das hydro-ökologische System unübersehbar: Der Grundwasserspiegel sinkt, Salzwasser dringt ins Grundwasser ein, die von Hand gegrabenen Brunnen der ärmeren Inselbevölkerung versiegen. Nach jüngsten Daten haben 1,7 Mio. Einwohner Balis – also 40 Prozent seiner Bevölkerung – keinen angemessenen Zugang zu sauberem Trinkwasser, während es in den Tourismusanlagen verschwenderisch verbraucht wird.

Hinzu kommen massive Probleme bei der Müll- und Abwasserentsorgung – beliebte Strände mussten bereits wegen extremer Schmutz- und Bakterienbelastung temporär gesperrt werden – und soziale Konflikte. Zahllose touristische Einrichtungen wurden auf früheren Reisfeldern errichtet, die dadurch vielerorts, etwa um Kuta, fast vollständig verschwanden. Die balinesischen Bauern, deren traditionelle „Subak“-Bewässerungssysteme beliebte Fotoobjekte sind, profitieren vom Tourismus wenig. Viele waren bereits gezwungen, ihre Reisfelder an Investoren zu verkaufen, denn sobald erste Villen und Ressorts in der Nähe ihrer Felder entstehen, schießen Bodenpreise und Pachtzinsen so in die Höhe, dass die Bauern mit der Landwirtschaft kein ausreichendes Einkommen mehr erwirtschaften können. Vor allem deshalb sind die Reisanbauflächen in den letzten Jahrzehnten massiv zurückgegangen.

Schlagworte