Amerika - Europäisierung Mitte 18. Jahrhundert

Amerika - Amerika - Staaten und Geschichte
978-3-14-100870-8 | Seite 208 | Abb. 2| Maßstab 1 : 64000000

Überblick

Im Jahre 1494 hatten die Seemächte Portugal und Spanien auf Betreiben von Papst Alexander VI. den Vertrag von Tordesillas unterzeichnet, der die Welt in eine spanische und portugiesische Interessenssphäre aufteilte, um eine bewaffnete Konfrontation zwischen beiden Mächten zu verhindern. Nach der Unterzeichnung dieses Vertrages ging Spanien in der Neuen Welt von seinem ursprünglichen Konzept der bloßen Handelsexpansion zu einem der Siedlungskolonisation und Landnahme über. Mit der Gründung der Audiencia von Santa Domingo 1511 wurde der Grundstein einer organisierten Kolonialverwaltung gelegt, die nach der Eroberung Mexikos durch Hernando Cortés und Perus durch Francisco Pizarro durch Audiencias unter anderem in Mexiko, Panama, Guatemala, Kolumbien, Peru, Bolivien und Chile ausgebaut wurde. Spanien wurde zur mächtigsten Kolonialmacht in der Neuen Welt.

Die Osthälfte Brasiliens gehörte zum Besitz der portugiesischen Krone. An der Küste wurden punktuell portugiesische Stützpunkte angelegt, aber der Versuch einer staatlichen Förderung der kolonialen Erschließung durch ein System der Landschenkung scheiterte. Erst durch die Initiative der privatwirtschaftlich organisierten und paramilitärisch operierenden Bandeiras, die Ende des 16. Jahrhunderts auf der Jagd nach Edelmetallen und Indianersklaven ins Landesinnere vordrangen, wurde der portugiesische Kolonialbesitz erschlossen.

Die anderen europäischen Mächte wurden in der Neuen Welt etwas später aktiv. In Nordamerika scheiterten erste Kolonisierungsversuche an den harten Lebensbedingungen, Krankheiten, dem Widerstand der Urbevölkerung und an Rivalitäten zwischen den europäischen Mächten. Trotz der Gründung von St. Augustine in Florida (1565) durch die Spanier begann die eigentliche Siedlungsgeschichte hier erst im frühen 17. Jahrhundert. 1606 stellte Jakob I. von England der London Company einen Freibrief für Koloniegründungen aus. Jamestown (1607) wurde zur Keimzelle der durch den Tabakanbau wirtschaftlich einträglichen Kolonie Virginia. Mit der "Mayflower" setzten 1620 die Pilgerväter über, die Neuengland besiedelten. 1667 tauschte England seine inzwischen erworbenen Ansprüche auf Suriname gegen das niederländische Neu-Amsterdam (New York). Die Gebiete um die Hudson Bay wurden erschlossen, nachdem eine englische Pelzhandelsgesellschaft 1670 die dortigen Hoheits- und Handelsrechte erhalten hatte. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts beanspruchte England außerdem Belize, die Moskitoküste sowie die Inseln Jamaika, Trinidad, Tobago, Barbados und die Bahamas.

Die erste bedeutende französische Gründung war die von Québec (1608) am St.-Lorenz-Strom. Durch den Pelzhandel und die Indianermission drangen die Franzosen immer tiefer ins Landesinnere zu den großen Seen und ins Mississippi-Becken vor. In der Hoffnung, einen Weg zum Pazifik zu finden, gelangten sie 1682 zur Mündung des Mississippi, 1718 gründeten sie New Orleans, außerdem erkämpfte sich Frankreich Guadeloupe und Martinique und beanspruchte eine Reihe von Antilleninseln.

Im French and Indian War (1754-1763), einem Kolonialkrieg innerhalb des Siebenjährigen Krieges in Europa, kämpften Großbritannien und Frankreich mit ihren jeweiligen indianischen Verbündeten um die Vorherrschaft in Nordamerika. Der Pariser Frieden von 1763 besiegelte das Ende der französischen Kolonialherrschaft in Nordamerika östlich des Mississippi, während England das zuvor spanische Florida hinzugewann.

Unter den ersten Kolonisten galt die Versklavung von Indianern als legitim. Misshandlungen und epidemische Krankheiten führten jedoch innerhalb kurzer Zeit zu einem katastrophalen Rückgang der indigenen Bevölkerung. Um die Plantagenwirtschaft aufrechterhalten zu können, holten die Portugiesen ab 1538 afrikanische Sklaven ins Land und legten damit den Grundstein für den lukrativen atlantischen "Dreieckshandel" zwischen Europa, Afrika und Amerika. Dabei wurden Waffen, Metallwaren, Tuche und Preziosen aus Europa in Afrika gegen Sklaven eingetauscht, die in die Neue Welt verschleppt und dort gegen Edelmetalle, Rohstoffe und Genussartikel für Europa eingehandelt wurden. Der Sklavenhandel, dem nach Schätzungen mindestens zehn Millionen Afrikaner zum Opfer fielen, wurde erst ab dem späten 18. Jahrhundert von den meisten Staaten offiziell abgeschafft, existierte aber in der Form des illegalen Menschenschmuggels bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts.

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