Alpen - Transitverkehr und Raumstruktur

Europa - Verkehr
100849 | Seite 64 | Abb. 2| Maßstab 1 : 6000000

Überblick

Die Karte zeigt zwei wesentliche Aspekte des Verkehrsraums Alpen. Zum einen sind die kleineren Täler vielerorts Leitlinien für die Erschließung mit Straßen, Bus- und Eisenbahnlinien, die dem lokalen und regionalen Wirtschafts- und Personenverkehr dienen. Aus der Karte wird dies durch die Lage bedeutender Tourismusgebiete erkennbar, auch wenn die Verkehrswege selbst in der Regel nicht eingezeichnet sind. Größere Verkehrseinrichtungen wie Flughäfen liegen meist außerhalb des Hochgebirgsraums am Alpenrand oder im Alpenvorland (z. B. München, Zürich, Mailand, Wien).

Der zweite Aspekt hat einen gänzlich anderen Charakter: Da die Alpen wie ein Riegel im wirtschaftlichen Aktivraum Europas liegen (s. 98.1, 99.2) stellen sie für Personen- und Gütertransporte ein schwer zu überwindendes Hindernis dar. Der Verkehr konzentriert sich daher auf wenige, stark ausgebaute und beanspruchte Trassen. Diese liegen vor allem in breiten Tälern. Wurden für Alpenquerungen in historischer Zeit Orte bevorzugt, an denen die Pässe relativ niedrig waren (z. B. Brenner, 374 m), werden die Gebirgskämme heute vielfach in Großtunneln unterquert.

Die wichtigsten Trassen sind (von Westen nach Osten):

die Mittelmeerküste bei Nizza,

die Strecke Lyon – Turin mit dem Mont Cenis-/Fréjus-Tunnel,

die Strecken Basel – Bern – Mailand – Genua (Lötschberg- und Simplontunnel) sowie Basel – Zürich – Mailand – Genua (Gotthardtunnel) zwischen der Nordschweiz und Oberitalien,

die Brennerroute München – Innsbruck – Verona,

die Tauernstrecke Salzburg – Villach (Tauerntunnel),

die Strecken Linz – Graz und Wien – Graz.

Im alpenquerenden Transitverkehr hat das Transportvolumen in den letzten Jahren stark zugenommen. Im Jahr 2012 waren es allein in der Schweiz 37 Mio. Tonnen – auf der Straße 54 Prozent mehr als im Jahr 2000, bei der Bahn 15 Prozent mehr.

Die oben genannten Strecken bilden auch das Rückgrat der nationalen Verkehrsnetze in den Alpenländern, insbesondere in der Schweiz und in Österreich. Verkehrswege sind dort nur unter hohen Kosten und unter Kompromissen (Umweltschäden, Belastung der Bevölkerung) zu errichten. Dies erklärt auch, warum Maßnahmen zur Verkehrsreduzierung, zur Verlagerung von Transporten auf die Bahn und zum Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs in beiden Ländern einen besonders hohen Stellenwert haben.

Das Diagramm in der Karte ermöglicht eine regionale Differenzierung. Es zeigt, dass die Österreich und die Schweiz den größten Teil des alpenquerenden Transitverkehrs bewältigen müssen. Der Anteil der umweltfreundlichen Bahn ist in der Schweiz am größten, in Frankreich am kleinsten.

Aktuelle Eisenbahnprojekte im Alpenraum sind der Gotthardbasistunnel (östlich des bestehenden Gotthardtunnels) und der Semmeringbasistunnel (südlich von Wien). Im 57 Kilometer langen Gotthardbasistunnel werden pro Tag rund 250 Züge die Alpen unterqueren. Die Gesamtkosten des Gotthardbasistunnels werden auf 12 Mrd. Schweizer Franken geschätzt, die Eröffnung ist für 2016 geplant. Auf der alten Strecke am Gotthard soll der Verkehr dann reduziert werden.

Der 27 Kilometer lange Semmeringbasistunnel soll 2024 fertiggestellt sein und für erhebliche Fahrzeitverkürzungen und Kapazitätserweiterungen auf der Strecke zwischen Wien und Graz sorgen.

Schlagworte