Ägypten - eine antike Stromkultur

Afrika - Afrika - Topographie und Nil
978-3-14-100770-1 | Seite 168 | Abb. 1| Maßstab 1 : 9000000

Informationen

Das Leben in Ägypten war in historischer Zeit durch die Lage am Nil und den Jahresgang seines Abflusses bestimmt. Siedlungen wurden entweder in der Stromoase oder im Nildelta errichtet, denn nur am Nil gab es in einer ansonsten lebensfeindlichen Umgebung ausreichend Wasser. Die Gebiete außerhalb des Niltals waren von einem Netz aus Karawanenwegen durchzogen, dort lagen nur einzelne Oasen. Insbesondere in den Gebirgen zwischen Nil und Rotem Meer wurden Baumaterialien (Granit, Porphyr, Sandstein, Alabaster), Erze (Kupfer, Gold) und Edelsteine gewonnen.

Kulturland am Nil
Zu beiden Seiten des Flusses lag ein jeweils etwa 10 km breiter Streifen Kulturland, der sich nur zum Delta hin weitete. Der Nil hatte damals ein Abflussminimum im Mai und eine Hochwasserwelle mit Scheitelpunkt im September, die Folge der sommerlichen Niederschläge am Oberlauf des Blauen Nil und des Weißen Nil waren. Der Anbau begann, wenn das Abfließen des Hochwassers einsetzte und die Felder wieder trockenfielen.
Die mit dem Nilwasser angeschwemmten Nährstoffe (Lehm) und die im Boden enthaltene Feuchtigkeit ermöglichten dann einen ertragreichen Ackerbau. Zu Beginn der Trockenzeit konnte die Ernte eingebracht werden. Wie wichtig das Hochwasser für die Landwirtschaft des alten Ägypten war, zeigt die Tatsache, dass der Anfang eines neuen Jahres im Juli lag ? zu Beginn der Hochwasserwelle.
Im Mittellauf des Nil lagen insgesamt sechs Stromschnellen (Katarakte), die ein natürliches Hindernis für die Schifffahrt bildeten. Die Grenzlinien der ägyptischen Reiche befanden sich jeweils in der Nähe dieser Katarakte. Am 1. Katarakt befindet sich heute der Staudamm von Assuan, der 2. Katarakt ist vom Nassersee überflutet.

Das Niltal heute
An der räumlichen Verteilung der Siedlungen hat sich seit der Antike nahezu nichts geändert, nur ihre Größe, Ausdehnung sowie die Bevölkerungsdichte haben stark zugenommen. Auch heute ist das Niltal mit über 3000 Einwohnern/km2 der bevorzugte Siedlungsraum Ägyptens ? im Kontrast zu den dünn oder gar nicht besiedelten Wüsten und Halbwüsten außerhalb der Stromoase. Das Kulturland wurde nur im Bereich der wenigen Oasen ausgedehnt. Kairo ist mit über 15 Mio. Einwohnern eine der größten Stadtagglomerationen der Erde. Das enge Nebeneinander verschiedener Nutzungen und die daraus resultierenden Konflikte machen Oberägypten zu einem Ballungsgebiet mit typischen Krisenmerkmalen und Problemen (rasantes Stadtwachstum, Umwandlung von knappem Kulturland in Bauland, Umweltverschmutzung, Verkehrschaos).
M. Felsch

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